September 2019
Trevor Mepham
Dem "Ausdruck eines gemeinsamen Willens zur grenzüberschreitenden, interkulturellen Zusammenarbeit" Stimme zu verleihen, ist eine Möglichkeit, den Zweck und die Kernaufgabe der Internationalen Konferenz zu beschreiben. Der Haager Kreis entstand vor 49 Jahren, 1970. Damals tobte Krieg in Südostasien, und politische Proteste, Turbulenzen und Forderungen nach sozialem Wandel brachen in Europa, Nordamerika und China aus. Eine internationale Waldorfbewegung gab es kaum. In jüngster Zeit hat der Haager Kreis seinen heutigen Namen 'Internationale Konferenz der Waldorfpädagogischen Bewegung angenommen und die Schulbewegung ist mittlerweile zu einem wirklich weltweiten Netzwerk geworden, das sechs der sieben Kontinente der Erde umfasst.
Im Jahr 2019 treffen sich die 45 Mitglieder der Internationalen Konferenz zweimal im Jahr über einen Zeitraum von vier Tagen. Und so kam die Internationale Konferenz in der sanften Wärme der goldenen Septembertage nach Berlin, einer europäischen Stadt, die in den letzten 75 Jahren Wellen radikaler Veränderungen, Evolution und sozialer Umgestaltung erlebt hat. Im Rahmen der Feierlichkeiten zu 100 Jahren oder 3 Generationen Waldorfpädagogik hat die Internationale Konferenz eine neue Publikation mit Artikeln aus aller Welt in Auftrag gegeben und sich mit dem Verständnis des Menschen aus Waldorfsicht beschäftigt. Weitere Themen der jüngsten Arbeit für die Konferenz sind die Themen Digitalisierung und bildschirmbasierte Medien, der Ansatz und die Ankunft von Formen der künstlichen Intelligenz sowie die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf das gesellschaftliche Leben und die Bildung. Eine übergreifende Frage, die uns diese Technologien veranlassen zu fragen und zu teilen, ist die nach unserer menschlichen Identität und unserem menschlichen Ziel. Von einer anderen Seite aus besteht die primäre "operative" Aufgabe der Internationalen Konferenz darin, wie dieses Gremium die neuen, rohen, spontanen Waldorfinitiativen, die weltweit und an fast jedem Ort und jeder Situation entstehen, unterstützen und ihnen beistehen kann.
In Berlin im Herbst dieses Jahres, neben dem außergewöhnlichen Finale der Waldorf-100-Feierlichkeiten im Tempodrom, waren sich die Kollegen sehr wohl bewusst, dass die Welt und der menschliche Geist, obwohl viele Schritte und Taten hinter uns liegen, in ein Zeitalter der exponentiellen Entwicklung eintreten, in dem Möglichkeiten, Risiken, Chancen und Herausforderungen vorhanden sind und sich mit jeder Flussbiegung nähern.
Der Waldorf 100 Slogan - Learn to Change the World - hat einen würdigen Partner in einem Zitat, das Mahatma Gandhi vor über 100 Jahren zugeschrieben wird: "Sei der Wandel, den Du Dir in der Welt zu sehen wünschst.“ Obwohl sie sich nie trafen, waren Gandhi und Steiner Zeitgenossen. In einem Vortrag am 16. Oktober 1923 in Stuttgart bezeichnete Steineri Gandhis Schlusswort vor einem Kolonialrichter in seinem Aufruhrprozess 1914 als den Akt einer "großen Seele", bei dem die innere Wahrheit mit äußeren Fakten kollidiert.
50 Jahre später, in einem Gerichtssaal in Pretoria, in einer Zeugenaussage vor einem Gericht und einem Richter, der im Namen des Apartheid-Regimes handelt, sagte Nelson Mandela Folgendes: "Während meines Lebens habe ich mich diesem Kampf des afrikanischen Volkes gewidmet. Ich habe gegen die weiße Herrschaft gekämpft, und ich habe gegen die schwarze Herrschaft gekämpft. Ich habe das Ideal einer demokratischen und freien Gesellschaft geschätzt, in der alle Menschen in Harmonie und mit gleichen Chancen zusammenleben. Es ist ein Ideal, für das ich zu leben und zu erreichen hoffe. Aber wenn es sein muss, ist es ein Ideal, für das ich bereit bin zu sterben." Auch hier ist die Kluft zwischen innerer Wahrheit und äußeren Fakten deutlich sichtbar. Nach mehr als 27 Jahren Gefangenschaft und als Präsident Südafrikas vertrat Mandela seine Ansicht, dass "Bildung die mächtigste Waffe ist, mit der man die Welt verändern kann".
Soziale Erneuerung, Fürsorge und Respekt vor jedem einzelnen Kind und Jugendlichen und das Verständnis, dass Pädagogik ein universelles Bedürfnis, ein Menschenrecht und eine Kunst ist - das sind einige der Ideen, die aus der Quelle der Waldorfpädagogik kommen. Diese Prinzipien bilden einen 'cri de cœur' und ein starkes Bindemittel für Kollegen aus den verschiedenen Kulturen der Welt. Wahres Verständnis zwischen Menschen ist eine stärkere Kraft als Toleranz füreinander. Die Harmonisierung von innerer Wahrheit und äußeren Fakten ist das Gebot unserer Zeit. Der Wandel zu sein ist ein natürliches Ergebnis des Lernens die Welt zu verändern. Interesse, Begeisterung und Liebe sind die menschlichen Gaben, die uns dorthin führen werden.