von Robert Thomas, Arbeitsgruppe "Namensrecht" (in der AG arbeitet zusammen die Internationale Konferenz, IASWECE und der Bund der Freien Waldorfschulen)
November 2016
Nach fast 100 Jahren, in denen die Waldorfpädagogik sich international verbreitet hat - in 60 Ländern und auf fünf Kontinenten – ist die Frage der Verantwortung und des Schutzes des pädagogischen Konzepts Rudolf Steiner’s überfällig. Die zahlreichen freien Initiativen von Menschen, die sich für dieses pädagogische Projekt engagiert haben, ist mehr als beeindruckend. Die Kraft der Initiativen wurzelt in der Zusammenarbeit der betroffenen Menschen und in der Anthroposophie als Impulsträgerin der individuellen, pädagogischen und sozialen Umsetzungen.
Wir übernehmen Verantwortung gegenüber dieser spirituellen Bewegung, in der viele Einrichtungen in den letzten Jahrzehnten unkoordiniert entstanden sind.
Der Bund der Freien Waldorfschulen hat jahrzehntelang diese gesamte Entwicklung begleitet, indem er für die Weltschulbewegung das Markenrecht ausgeübt, betreut und auch finanziert hat. Nun möchte er diese internationalen Aufgaben an eine internationale Organisation übergeben.
Die Aufgabe, Schulen, Kindergärten und heilpädagogischen Einrichtungen zu begleiten ist komplexer, grösser und vielfältiger geworden. Die Notwendigkeit des Schutzes ist im Zeitalter der Anonymität und der Nivellierung gewachsen. Der Bund der Freien Waldorfschulen ist der historische Inhaber des Markenrechts "Waldorf" und "Rudolf Steiner".
Anfang 2016 hat der Bund der freien Waldorfschulen zusammen mit dem Haager Kreis - Internationale Konferenz für Steiner Waldorf Pädagogik (IK) in Kooperation mit der Internationalen Assoziation für Steiner/Waldorf Early Childhood Education (IASWECE) ein Verfahren zur Vergabe eines Lizenzvertrages für die Marke „Waldorf“ bzw. „Rudolf Steiner“ für pädagogische Einrichtungen in Ländern ohne Assoziationen, vereinbart.
Dieses lösungsorientierte Verfahren wurde nach zahlreichen Gesprächen und Abklärungen von einer Kommission aus Vertretern des Bundes, der Internationalen Konferenz und der IASWECE entwickelt. Es geht dabei primär um den Schutz der Marken und um die Nachvollziehbarkeit des Verfahrens für alle Beteiligten. Das Verfahren soll einerseits Willkür und Missbrauch verhindern und anderseits identitätsstiftende Prozesse in Gang setzen.
In der jetzigen Pilotphase findet die Zusammenarbeit zwischen dem Bund als Rechtsinhaber und der Internationalen Konferenz (IK) folgendermaßen statt:
1.- Die Trägerschaft des Verfahrens: der Bund der Freien Waldorfschulen ist der juristische Träger und strebt an, nach der Pilotphase diese Verantwortung an eine internationale Instanz zu übertragen.
2.- Durch die aktive Arbeit der IK und IASWECE (Gutachter-Reservoir) ist die Legitimation des Verfahrens gewährleistet.
3.- Eine möglichst schlanke Lizenzierungsstelle wird angestrebt.
4.- Die Gutacher für die Waldorfschulen werden von der IK ernannt und koordiniert; die Gutachter für die Kindergärten werden von der IK in Zusammenarbeit mit IASWECE ernannt und koordiniert. Dabei stützen sich die erfahrenen Pädagogen und Gutacher auf die „Wesentlichen Merkmale der Waldorfpädagogik“ (verabschiedet in der Sitzung vom 17. Mai 2016 in Arles (Frankreich). Die Gutachter sind frei, aus ihrem individuellen Urteilsvermögen heraus die Expertise durchzuführen. Die schriftlichen Gutachten werden an die Lizenzierungsstelle weitergeleitet.
5. Das Lizenzierungsverfahren ist in drei Phasen gegliedert:
Antrag: Die Einrichtung teilt mit, dass sie die Bezeichnung Waldorf oder Rudolf Steiner führen möchte und benennt den Verwendungszweck (Schule, Kindergarten, Sonstiges).
Begutachtung: zwei Gutachterinnen oder Gutachter überprüfen die Einrichtung, wenn möglich vor Ort und geben einen schriftlichen Bericht zur Kenntnis der Lizenzierungsstelle und der Einrichtung.
Entscheidung: bei zwei positiven Ergebnissen wird die Lizenz erteilt, bei zwei negativen Ergebnissen verweigert, bei unterschiedlichen Voten kommt es zu einem dritten Gutachten.
Über die Entscheidung werden die Einrichtung als auch die IK informiert. Hält ein Beteiligter die Entscheidung für unberechtigt, kann ein Schiedsverfahren durchgeführt werden. Die Schiedsstelle entscheidet, ob das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
In einem späteren Schritt wird auch die Lage der Länder mit Assoziationen geprüft, damit mehr Klarheit und Sicherheit auf nationaler Ebene entstehen kann.
So wird das internationale Zusammenwirken fruchtbare Arbeit leisten können.
Antrag für Einrichtungen zur Verwendung der Bezeichnungen "Waldorf" oder "Rudolf Steiner"